70 Jahre Plektrumgitarre

1942 veröffentlichte Bassist Bob Haggart (sein größter Hit: „Big Noise from Winnetka“) in den USA die erste Basschule für Jazzkontrabass. Auch wenn der Kontrabass da bereits einige Zeit in Jazz und Tanzmusik Verwendung fand, so hatten sich typische Instrumentaltechniken wie der Walking bass gerade erst herausgebildet, und Lehrmaterial gab es kaum.
Die Gitarre, heute aus der Rock- und Popmusik nicht mehr wegzudenken, war damals noch ein Nischeninstrument und die heute typische Spielweise mit Plektrum noch relativ neu. Auch die erste (deutsche) Schule für „Plektrumgitarre“ erschien vor 70 Jahren, Anfang der 1940er Jahre. Der Autor der „Plektrum Gitarre Schule“, Hans Korseck, ist heute weitgehend unbekannt – er fiel im 2. Weltkrieg. Der Zimmermann-Verlag erinnert anlässlich des Jubiläums in einem Rundbrief an ihn. Ich finde es immer wieder erschütternd, wieviel komplizierter manches war, was uns heute selbstverständlich ist …
Hans Korseck (1911-1942)  gilt in Fachkreisen bis heute als der erste bedeutende deutsche Plektrumgitarrist und seine Schule ist ein Klassiker. Korseck war Mitglied der ‘Peter Kreuder Solisten’, ständiger Gitarrist bei Aufnahmen der Kapellen ‘Kurt Hohenberger’; ‘die goldene Sieben’; ‘Albert Vossen’; ‘Peter Igelhoff’ und andere mehr. Nebenbei unterrichtete er auch heimlich: “Hoffentlich macht mir die R.M.K. (Reichsmusikkammer) keine Schwierigkeiten, dass ich Unterricht gegeben habe, ohne Genehmigung!”, schrieb er seinem Verleger Wilhelm Zimmermann (1891-1946). Einer seiner bekanntesten Schüler war der Jazz-Gitarrist Coco Schumann.zm_80223tk.jpgDer Vertrag über das Verfassen einer Gitarrenschule schloss Hans Koseck mit dem Zimmermann-Verlag im Oktober 1940. Schon im Januar 1941 trieb Wilhelm Zimmermann ihn mit den Korrekturen zur Eile an: “Es ist wichtig, dass das Werk schnell herauskommt. Sie wissen, wie oft ich dies gesagt habe. Sie wissen auch, dass ich vor Konkurrenz keine irgend wie geartete Angst habe, aber schade wäre es doch, wenn uns die im Podium (Musikzeitschrift) angezeigte Schule zuvor käme, da der jeweils erste Bedarf von der jeweils erst erscheinenden Schule gedeckt wird.” Im März war es soweit. Das war knapp, denn ein paar Tage später schon lehnten die Buchbindereien eine so spezielle Herstellung, wie die der Tabellen, glatt ab. Man befand sich schließlich mitten im 2. Weltkrieg. Am 9. April waren bereits 850 Exemplare abgesetzt. Die Eile hatte sich gelohnt, war es doch die erste Schule für Plektrum-Gitarre auf dem Markt. Zimmermann schrieb darüber: “Es ist beinahe ein Wunder. Heute wäre es bestimmt schon nicht mehr möglich.” 1944 waren bereits drei Auflagen à 2000 Ex. gedruckt worden und die 4. Auflage in Vorbereitung.zm_80223nk.jpgDoch das erlebte der junge Musiker und inzwischen ausgebildete Mediziner nicht mehr. Sein letztes Lebensjahr war geprägt von Engagements, Medizinstudium und gesundheitlichen Problemen seiner jungen Ehefrau Hilde, die eine Fehlgeburt erlitt. Am 21.1.1942 schrieb Korseck seinen letzten Brief an Wilhelm Zimmermann: “Ihr Brief war Balsam für meine Wunden. Mit gleicher Post kam ein Einberufungsbefehl, dem ich morgen Folge leisten muss.[…]. So fahre ich also morgen, Gott sei Dank nur nach Spandau, um in acht Wochen Laufen, Gehen u. Grüssen zu lernen.” Ein halbes Jahr später starb Korseck durch Kopfschuss bei den Kämpfen bei Orel, gerade mal 31 Jahre jung. Seine Witwe schrieb an Wilhelm Zimmermann: “Im Oktober erwarte ich noch ein Kindchen von ihm. Das ist dann das Einzige, was mir bleibt. Aber ich bin dankbar dafür.” Für Hilde Korseck hatte die Plektrum-Gitarrenschule eine besondere Bedeutung: “Ich bin ja auch so froh, daß Hans sich in dieser Schule wenigstens einen sichtbaren Abschluß seiner musikalischen Laufbahn geschaffen hat.”  (…) Sie wird am 21. März 101 Jahre alt.

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